Für den österreichischen Boxer mit tschetschenischen Wurzeln Arbi Chakaev (2-0) öffnete sich 2016 eine weitere Türe zu seinem Ziel eines Tages der erste österreichische Boxweltmeister zu werden, denn er boxt seitdem im Profilager. Aus dem einst gefeierten Amateurstar, entwickelte sich schnell ein erst zu nehmendes Talent.
Begonnen hatte alles als Hobby, als er damals in Tschetschenien von seinem Onkel in die Welt des Boxsports eingeführt wurde. Mit 15 kam der heute 27-Jährige auf Grund des Bürgerkrieges in seiner Heimat gemeinsam mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern nach Österreich. Sein Vater kam bei den Kampfhandlungen ums Leben. Anfangs war er im Flüchtlingslager Traiskirchen untergebracht, von wo es dann nach Tirol ging. Doch all die negativen und traurigen Erlebnisse konnten seiner Leidenschaft, dem Boxen, nichts antun, denn seine Härte erwies sich rasch als solide Grundlage. Als vermutlich bester Österreichischer Amateur der letzten Jahre, machter er sich in der Szene einen Namen. Kampfsport1.at traf ihn zum Interview und sprach mit ihm über seine Leistungen und Ziele.
(2012: Arbi gewinnt mit Club Unterberger Balkan-Cup)
Kampfsport1.at: Hallo Arbi, danke, dass du dir Zeit genommen hast mit uns etwas über dich und deine Boxkarriere zu sprechen, erzähl’ doch unseren Lesern, wie du damit angefangen hast?
Arbi Chakaev: Mein Onkel war Boxer und mein Vater hat mich eines Tages in Tschetschenien mit zum Training mitgenommen. 2005 kam ich dann nach Österreich und hier habe ich so richtig mit dem Boxen begonnen. 2007 wurde ich Österreichischer Juniorenmeister im Weltergewicht, 2009 Österreichischer Juniorenmeister im Mittelgewicht, 2010, 2011, 2012 und 2013 Österreichischer Meister im Mittelgewicht, sowie 2014 Österreichischer Meister im Halbschwergewicht. 2007 und 2008 wurde ich auch Tiroler Juniorenmeister im Weltergewicht, sowie 2009, 2010 und 2011 Tiroler Meister im Mittelgewicht.
Wie ging es dann weiter mit dir?
-2011 bekam ich die österreichische Staatsbürgerschaft durch den Sport. Ich nahm dann als einziger österreichischer Vertreter bei den 16. Weltmeisterschaften in Baku teil, wo ich mich in der Vorrunde gegen Emmanuel Quarshie aus Ghana durchsetzte, jedoch musste ich gegen den Kubaner Emilio Correa Bayeux eine Punktniederlage hinnehmen. Trotzdem sehe diesen Kampf nicht als Niederlage. Für mich war es eine Ehre gegen so einen starken Kämpfer angetreten zu haben dürfen.
Was war das für ein Gefühl als einziger Österreicher bei einer Weltmeisterschaft teilzunehmen?
-Sehr schön natürlich, obwohl ich gegen den Vizeolympiasieger verloren habe, war es dennoch ein unbeschreibliches Gefühl. Ich war stolz auf meine Leistung.
Du hast also immer geboxt, momentan ist MMA auch sehr beliebt, wie stehst du dazu?
-Manchmal überlege ich, ob ich es nicht ‘mal im MMA versuchen sollte. Ich habe auch viele Angebote von Trainern und meinen Freunden erhalten, aber ich boxe schon seit 15 Jahren und ich bleibe diesem Sport treu 🙂
Stichwort Arbi Agujev, Mairbek Taisumov, ich nehme an du kennst sie?
-Sicher, wir sind gute Freunde und verstehen uns gut. Ich freue mich für sie, wenn sie gewinnen. Manchmal mache ich mit Arbi sparring, wenn er einen Kampf hat. Ich habe mit ihm monatelang boxen trainiert als er gegen den Russen Anatoly Tokov antrat.
(2011 holt er sich den Titel im Mittelgewicht)
Was macht euch so stark im Kampfsport?
-[lacht] Ich weiß nicht. Bei uns ist fast jeder Sportler, sei es Ringer, Boxer, wir lieben einfach Sport und beginnen meistens schon früh damit an. Anders kann ich es mir nicht erklären.
Wie sehen deine weiteren Pläne aus?
-Ich habe jetzt zwei Profikämpfe erfolgreich meistern können, war aber leider auf Grund eines Arbeitsunfalls vier Monate verletzt und habe vor zwei Wochen langsam wieder mit dem Training begonnen. Im Dezember wäre ein Kampf in Deutschland geplant gewesen, aber ich bin leider noch nicht fit genug. 2018 werde ich dann wieder voll durchstarten.
Ein Trainingstag in der Wettkampfphase sieht bei dir wie aus?
-Jetzt trainiere ich zwei Stunden täglich und mache auch Cardio. Einen Monat vor einem Kampf fahre ich nach Deutschland zum Trainingslager, um dort bessere Sparringpartner zu treffen und ich gehe mit meinem Trainer all meine Stärken und Schwächen durch. Natürlich analysiere ich auch über Youtube genau meinen Gegner.
Wo war dein außergewöhnlichstes Trainingslager?
– 2013 in Cuba. Dort haben sich die besten Sportler zusammengetroffen. Diese Trainingsmöglichgkeiten wie hier sind zwar nicht gegeben, da die meisten Geräte älter sind oder aus alten Autoteilen zusammen gebastet werden, trotzdem habe ich viel lernen können, weil die Sportler ihre Trainings sehr ernst nehmen. Dreimal am Tag zwei Stunden Training bei durchschnittlichen 30 Grad. Es war so heiß.
Und hast du auch Spanisch gelernt? 🙂
-[lacht] Ein bisschen: Hola amigo, ¿comó estás? Todo bien.
(2011: Österreichischer Meister im Mittelgewicht)
Erzähl’ uns doch bitte etwas über deinen letzten Kampf?
-Mein letzter Gegner war ein Tscheche und sehr gut. Ich kannte ihn bereits aus meinen Amateurzeiten. 2006 beim Dolomiten-Cup hat er mich besiegt und in Tschechien bei einem großen internationalem Turnier habe ich gegen ihn gewonnen. Auf professioneller Ebene war er mein zweiter Gegner und ich für ihn der dritte. Ich musste 15 Kilo abnehmen und konnte alle sechs Runden nach Punkten gewinnen.
Gibt es einen Kampf, wo du dich schwer verletzt hast?
-2006 habe ich mir die Nase gebrochen. Ich konnte regelrecht mit meinem Auge sehen, dass die Nasenspitze auf einer Seite war. Mein Gegner wollte mir eine rechte Hacken geben, hat aber mit seinem Ellbogen meine Nase getroffen. Ich habe sie dann selber wieder gerade gebogen bevor ich ins Krankenhaus kam. Es gab keine Operation.
Was sagst du zu der heimischen Boxszene?
-Es gibt gute Boxer, leider fehlt die Unterstützung. Viele sind gezwungen nebenbei zu arbeiten und das ist schade, denn es gibt viele Talente und so gehen dann auch die meisten.
Wie war es bei dir?
-Bei mir war es nicht anders. In Tirol habe ich Vollzeit gearbeitet und danach direkt zwei Stunden Training gehabt. Manchmal auch länger und so ist das gegangen bis ich die Staatsbürgerschaft erhalten habe.
Gibt es etwas, was du den jungen Nachwuchsboxern sagen möchtest?
-Gebt nicht auf! Anstatt zu rauchen und zu trinken, macht Sport und seid diszipliniert. Wenn ihr ein Ziel habt, könnt ihr es schaffen. Dazu gehört aber auch viel Ehrgeiz und Willensstärke.
Hast du Vorbilder?
-Als ich klein war, sah ich immer Kämpfe von Roy Jones aufgrund seiner Technik, aber auch von Mike Tyson. Sein Stil war ganz anders – Mike Tyson war Panzer 🙂
Wie steht deine Familie zu deiner Boxkarriere?
-Wie jede Mutter, ist auch meine Mama besorgt und traurig, wenn ich in den Ring steige, aber das ist mein Leben. Sie unterstützt mich und wünscht mir nur das Beste.
Wo würdest du gerne einmal kämpfen?
-In Las Vegas, dort kämpfen nur die Besten der Besten und, wenn ich einmal dort kämpfen dürfte, wäre das so wie ein Ritterschlag für mich. Mein größtes Ziel ist es natürlich dort Weltmeister zu werden.
(2014: Österreichischer Meister in Halbschwergewicht)
Was möchtest du später einmal machen?
-Trainer werden, das reizt mich sehr, um meine Erfahrung weiterzugeben. Jetzt kann ich nicht beides machen, denn das würde mich zeitlich sehr auslaugen.
Vielen Dank für das Gespräch, möchtest du dich bei jemandem bedanken?
-Ich bedanke mich bei allen, die mich Unterstützen und bei meinen Sponsoren, bei meinen Trainern und meinen Sparringpartnern. Danke für das Interview.
Unten seht ihr sein Profibox-Debüt am 6.5.2016
(Fotos:Facebook/Arbi Chakaev)