“It hurts now, but one day it will be your warm up” Wenns nicht funktioniert, dann wird es adaptiert oder aussortiert. Das ist die Philosophie von Boban Bobby Bozic, wenn es um Techniken im Kampfsport oder in der Selbstverteidigung geht. Wir trafen Österreichs – ersten und bis jetzt einzigen – Schwarzgurt in Luta Livre zum Interview. Er ist staatlich geprüfter Instruktor für Boxen und Ringen und seit 2006 Kampfsporttrainer bzw. Wettkampftrainer. Zudem hat er den Schwarzgurt in Kickboxen.
(Bobby ist Eigentümer des KaiGym)
– Hallo lieber Bobby, vielen Dank für das Interview. Erzähl uns etwas über deine Kampfsportgeschichte bzw. dein anfängliches Luta Livre Training?
Ich kam mit neun Jahren von Serbien nach Österreich und mit 14 Jahren begann ich mit dem Kampfsport. Damals gab es noch nicht soviel Kampfsportangebot wie Luta Livre in Wien, lediglich Kickboxen, Karate und Taekwondo.
-Mit welcher Kampfsportart hast du also begonnen?
Mein Einstiegssport war Taekwondo. Ich nahm auch an Turnieren teil, jedoch war es sehr beinlastig. Ich wollte aber mehr mit den Armen machen. So begann ich mit dem Boxen. 2008/2009 habe ich mich dann intensiver mit dem Bodenkampf beschäftigt. Begann dann eben mit dem Brazilian Jiu Jitsu.
-Was hat dich dabei so fasziniert?
Damals gab es gerade einen Mann der BJJ unterrichtete. Er hatte den Blaugurt. Eines Tages hebelte er meinen Arm. Ich schaffte es los zu kommen, doch ehe ich mich versah war ich schon in einer anderen Technik gefangen. Das war das Faszinierende für mich. Ich recherchierte mehr im Internet darüber und bin so auf Luta Livre gestoßen. 2011 bin ich dann nach Rio de Janeiro geflogen und habe mir die Luta Livre Schule RFT angesehen. Mit dem Headcoach Marcio Cromado habe ich dann trainiert.
(RTF, Renovação Fight Team, Quelle: Facebook/ Boban Bobby Bozic)
-Wie war deine erste Stunde?
Wir [Bobby und Georges Kalmar] waren damals überpünktlich, um halb 10 standen wir schon vor der Schule. Um 10.15 kam dann der Trainer. Was uns sehr gefallen hat war die Härte des Trainings. Eine Einheit dauert 2 1/2 bis 3 Stunden. Die erste halbe Stunde wird aufgewärmt. Nach dem Aufwärmen waren wir schon ziemlich fertig. Dann kam der Technikteil und am Ende hat man gekämpft.
-Wie kann man sich jene Kämpfe vorstellen?
Die Kämpfer sind sehr nett, obwohl die meisten Tattoos im Gesicht haben und total vernarbte Ohren haben. Sie sind freundlich, doch im Ring kämpfen sie sehr aggressiv, mit sehr viel Druck. Für uns war das anfänglich schwer, auch wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Nach dem Training brauchten wir dann immer beide Hände um ein Glas Wasser zu heben, weil wir so fertig waren. [lacht]
Du bist Österreichs erster Schwarzgurt in Luta Livre. Wie kam es dazu?
Als ich nach Brasilien kam war ich Blaugurt. Dort holte ich dann den Purplegürtel. Ich war dann öfters dort und bekam so den Braungurt verliehen. 2016 erhielt ich schließlich meinen Schwarzgurt in Rio. Zwei Wochen davor hieß es nur trainieren trainieren trainieren und viel Drill. Man legt nicht nur Wert auf den Bodenkampf, sondern auch im Stand mit Thaiboxen. Ich bin auf diese Verleihung besonders stolz, weil ich auch die Philosophie der Schule sehr mag.
-Hast du eine Prüfung ablegen müssen für den Schwarzgurt oder wie läuft solch eine Verleihung ab?
Im Luta Livre ist es so: Es gibt den Weißgurt, den Gelb-, Orange-, Blau-, Purple-, Braun- und Schwarzgurt. Beim Schwarzgurt kann man noch zusätzlich Dans dazu gewinnen. Es gibt nicht eine Prüfung in dem Sinn, so wie es in anderen Kampfsportarten ist. Hier kommt es mehr auf die Beurteilung des Trainers an. Wenn er meint du bist fit für den nächsten Gürtel, spricht er dich an. Die Motivation kommt also immer von außen. Man sucht sich auch nicht seine Trainingspartner selber aus. Der Trainer teilt dich ein. Der Gürtel ist eigentlich nur da, um dir zu zeigen auf welchem Niveau du gerade bist.
-Wie oft trainierst du und wie handhabst du deine Erholungsphasen?
Es ist unterschiedlich. Es ist schwierig immer hohes Niveau zu halten. Irgendwann wird es psychisch auch zu viel. Ich mache viel funktionelles Training, Ausdauertraining, Intervalltraining und natürlich Sparing. Da lernt man seine Technik anzuwenden. In Vorwettkämpfen trainiere ich natürlich mehr und versuche meine Schwächen zu beheben. Ich komme auf 16-17 Wochenstunden Training. Im August zum Beispiel werde ich zwei drei Wochen komplett mit dem Training pausieren, um die Gelenke zu schonen. Das ist auch sehr wichtig.
(Bobby mit Marcio Cromado, Quelle: Facebook/Boban Bobby Bozic)
-Wer war dein erster Luta Livre Trainer?
In Deutschland, Andreas Andyconder Schmidt. Er hat in Köln eine Sportschule. In Brasilien war es eben Marcio Cromado bzw. Daniel D’Dane, der auch kürzlich auch bei uns im KaiGym ein Seminar gehalten hat. Andreas ist ehemaliger Schüler von D’Dane.
-Wie würdest du die Luta Livre Gemeinschaft in Österreich beschreiben?
Als ich 2008 begann Luta Livre zu unterrichten, war die Community noch sehr sehr klein. Keiner wusste was das eigentlich ist. BJJ war da schon bekannter. Jetzt ist die Gemeinschaft um einiges gewachsen. Vier bis fünf Vereine gibt es bereits in Österreich. Je mehr Leute Luta Livre anbieten, umso besser ist das. Man hat so mehr Trainingspartner für Turniere.
-Was ist dein Ziel als Luta Livre Trainer?
Ich möchte meine Schüler soweit ausbilden, dass diese in ein paar Jahren hier wirklich Top-Kämpfer werden. Egal im Grappling oder MMA und natürlich wünsche ich mir mehr Luta Livre Schulen in Österreich, weil das eine tolle Sportart ist seinen Körper besser kennen zu lernen.
-Dein bisher größter Erfolg als Trainer?
Beim letzten Abu Dhabi Combat Club hat einer meiner Schüler (- 93 Kilo) gewonnen.
-Welche Menschen haben dich am Meisten beeinflusst?
Zum einen ist es der MMA-Kämpfer Fedor Emelianenko. Ich finde ihn als Typ toll. Er wirkt bescheiden und nicht arrogant. Zudem kämpft er nicht nur im Stand-up sondern er kombiniert. Dean Lister ist der Zweite als ich mit dem Grappling begann. Er ist BJJ-Kämpfer, doch hat auch den Schwarzgurt in Luta Livre. Vor zwei Jahren durfte ich ihn auch persönlich in San Diego kennen lernen. Er hat dort eine Schule und ich durfte mit ihm mittrainieren. Ich mag seinen Stil.
-Als Trainer hast du auch eine Vorbildfunktion. Wie ernst nimmst du das?
Ich selber trinke nur sehr wenig Alkohol, fast gar nicht. Ich versuche meinen Schülern immer zu übermitteln, dass zu viel Alkohol am Wochenende den ganzen Trainingserfolg der Vorwoche zerstört. Ich versuche mit gutem Beispiel voranzugehen und gebe gerne meinen Schülern gut gemeinte Ratschläge, wenn sie mich fragen.

-Hast du Schüler in denen Profi-Potenzial steckt?
Michael Wanke und Rainhard Drießler. Beide Top-Bodenkämpfer, die auch schon einige Turniere gewonnen haben und so gut wie nie ein Training auslassen. Nur, wenn sie wirklich krank sind.
-Mit 14 Jahren, wer war da dein Vorbild?
Ich sah den Film “Die Todeskralle schlägt wieder” mit Bruce Lee und Chuck Norris. In der Schlussszene sieht man beide kämpfen. Was mich so beeindruckt hat, war nicht der Kampf per se, sondern die Dehnbarkeit von Bruce Lee. Er dehnt sich nämlich durch, d.h. sein Brustkorb auf seine Oberschenkel. Das fand ich so beeindruckend, dass ich mit Taekwondo begann. Bald konnte ich mich dann auch so dehnen wie Bruce Lee und war sehr stolz auf mich 🙂
-Deine Lieblingsposition/ Submission?
Die Guard Position, wo der Gegner zwischen meinen Beinen ist. Heute gebe ich mehr Druck dazu, um den Gegner zu sweepen und dann den Würger zu machen. In der Oberlage bin ich gerne in der Side Mount, obwohl ich nicht so der Mount-Kämpfer bin.
-Was möchtest du jungen Leuten auf ihren Weg mitgeben, die noch unschlüssig sind welche Kampfsportart zu erlernen?
Diese ganzen Kampfsport-Streitigkeiten sollte man ignorieren. Keine Art ist besser als die andere. Man sollte sich durchprobieren bis man das entdeckt was einem selber Spaß macht, denn schlussendlich geht es um den Spaß. Das ist das Wichtigste!
Vielen Dank für das interessante Gespräch!