Vom 23 bis 27.November letzten Jahres fand in Bogota, Kolumbien die Weltmeisterschaft im Jiu Jitsu statt. Das österreichische Team ging mit einem kleinen, aber sehr starken Team an den Start, um sich dort mit den besten der Welt zu messen. Und siehe da, dank der starken Leistung von Nikolaus Bichler und Sebastian Vosta und ihrer ungebrochenen Motivation es ganz nach oben zu bringen, schafften es die Top Athleten im Bewerb Duo Men die Goldmedaille abzusahnen. Wir sprachen mit dem zweifachen (2015, 2017) Weltmeister Nikolaus über seine Anfänge und ihre Meisterleistung bei den World Games 2017.

Kampfsport1.at: Hallo Nikolaus, danke, dass du dir etwas Zeit genommen hast. An dieser Stelle Gratulation zu eurem Sieg in Kolumbien. Doch bevor wir darüber sprechen, erzähl’ uns doch etwas über deine Anfänge im Jiu Jitsu.
Nikolaus Bichler: Danke! Begonnen habe ich durch meine Schwester. Sie ist sechs Jahre älter als ich und hat schon Jiu Jitsu gemacht. Ich bin eines Tages mit ihr ins Training mitgekommen, es hat mir gefallen und ich begann regelmäßig hinzugehen. Jiu Jitsu wurde schnell zu meinem Lieblingssport. Angefangen habe ich mit 4 1/2 Jahren. Da lernte man mal erst richtig zu stehen, den Purzelbaum und die richtige Kampfstellung. Die ersten paar Jahre sind generell nur Disziplin. Mittlerweile ist es für mich ganz normal in ein Kimono zu schlüpfen.
Ab wann wurde das ganze dann etwas ernster und wie ging es dir bei deinen ersten Turnieren?
-Mit dem ersten EM-Einsatz 2010 hat es dann so richtig angefangen, davor war alles noch im Hobbybereich und dementsprechend war ich echt nervös. Bei der German Open beispielsweise war es ein riesen Turnier mit 10 Mattenflächen und da ist nebenbei alles gelaufen, aber bei der ersten EM, war das mit Einmarsch der Sportler, bevor du auf die Matten gehst. Man geht da so entlang und dann wird man aufgerufen. Da wurde ich dann nervös.
Wie ist dann deine erste U-18 EM für dich ausgegangen?
-Ich habe einmal gewonnen und zweimal verloren. Das war aber generell cool, weil es eine Heim-EM in Wien war und meine Familie und Freunde mir zugesehen haben. So haben sie sehen können, was ich eigentlich so mache und wofür ich so viel trainiere. Dementsprechend haben sie mich angefeuert 🙂 Natürlich wollte ich gewinnen, um noch im Turnier zu bleiben, Leistung zu zeigen und im Rampenlicht zu stehen.
Haben dich die Blicke deiner Liebsten vielleicht etwas aus der Fassung gebracht?
-Sicher seht man noch mehr unter Druck, weil man weiß, dass man von Menschen, die man sehr mag, beobachtet wird und da möchte man natürlich glänzen. Ich habe dafür intensiver trainiert und mich mehr fokussiert.

Eure ersten World Games waren 2013 in Kolumbien und dann 2017 in Polen, wo ihr Gold schließlich geholt habt. Was ihr dort gezeigt habt, war das beste Duo seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Wie hast du da die Konkurrenz empfunden?
-Es war kein leichtes Spiel. Mit den Niederlanden bekamen wir es mit einem der stärkten und vor allem erfahrensten Gegner im Duo men zu tun. Der eine Holländer ist um die 30 Jahre alt gewesen und macht Jiu Jitsu seit ich auf der Welt bin (!) 1996 hatte er sein erstes internationales Turnier, ich bin gerade einmal auf die Welt gekommen 🙂 Das waren dort schon mächtige Gegner. Nicht nur die Holländer. Die Konkurrenz war schon da. Ich war richtig nervös, mein Partner Sebi auch, aber es hat geklappt 🙂
Zum ersten Mal bei den World Games dabei gewesen zu sein – was war das für eine Erfahrung?
-Es dürfen nur die besten sechs der ganzen Welt bei solch einem Event mitmachen. In unserem Fall war es so: Wir haben in den ganzen U-Klassen, also U-18, U-21, viele Weltranglistenpunkte gesammelt, sodass wir mitfahren durften. Außerdem haben wir bei der Heim-WM 2013 dann auch noch überraschenderweise den dritten Platz geschafft und dann hat ein anderes Paar auch noch aufgehört. So sind wir dann automatisch hinauf gerutscht und sicherten uns einen Platz bei den World Games 2013. Das war eine richtig, richtig coole Erfahrung. Natürlich macht man Jiu Jitsu in einer Halle. Man nimmt an, dass es überall gleich ist, aber in Kolumbien war es doch anderes. Nicht nur, dass es extrem heiß und feucht war, es hatte um die 40 Grad, die Hallen haben auch nur drei Wände dort. Andere Bedingungen eben. Beim Aufwärmen habe ich dort soviel geschwitzt, wie hier in Europa bei einem ganzen Training.
Du trainierst jetzt auch Kickboxen, damit du im Stand besser wirst, da kommt mir in den Sinn MMA, wäre das etwas, was dich auch interessieren würde?
-Naja, ich glaube MMA ist eine Stufe zu hart für mich. Ich schaue gerne zu, mich interessiert es und ich bin ein großer Fan, aber ich persönlich sehe mich nicht im Käfig. Muss zur Zeit nicht sein, aber wer weiß 🙂
Jiu Jitsu und Schule, wie hast du das damals unter einen Hut gebracht?
-Sagen wir mal so, ich war nie der Beste in der Schule. Ich habe stets drauf geachtet, dass ich meine schulischen Leistungen bringe und so haben die Lehrer auch nichts gesagt. Sie wussten, dass, wenn ich nicht gerade in der Schule war, dann war ich bei einem Wettkampf, und sie duldeten das. Schließlich habe ich nicht geschwänzt, oder im Schulhof geraucht.
Euer Trainer, Robert Horak, hat auch seinen Beitrag dazu geleistet, dass ihr heute Weltmeister seid und Gold bei den World Games 2017 geholt habt, wie würdest du deine Beziehung zu ihm beschreiben?
-Er hat mich miterzogen. Er war ein wichtiger Teil in meiner sportlichen Erziehung. Seitdem ich 4 1/2 bin, ist er Teil meines Lebens. Seit ich in Wien wohne, sehe ich ihn nicht mehr so oft, aber ich bin immer wieder gerne dort in Niederösterreich willkommen.
Mit Sebastian Vosta bist du auch schon sehr lange befreundet und im Duo seid ihr ein tolles Team, wie ist es dazu gekommen?
-Ich hatte eigentlich einen anderen Partner, genauso wie Sebastian. Durch Zufall wurden wir dann partnerlos, da ich Sebi schon sehr lang kannte, von meinen Kindergartenzeiten schon an, war sofort klar, dass wir auch im Training gemeinsame Sache machen werden. Wir verstehen uns sehr gut, nicht nur auf der Matte, sondern privat auch. Als wir angefangen haben zusammen zu trainieren, habe ich sehr viel von ihm und seiner Trainingsphilosophie gelernt. Ich war zu dem Zeitpunkt deutlich ein Level unter ihm, doch mit der Zeit wurde ich besser und gemeinsam haben wir uns durchgerungen.
Du hast selber sehr früh mit Sport begonnen, würdest du sagen, dass körperliche Betätigung essentiell für die Charakterbildung ist?
-Ja, Sport generell ist gesund. Das Selbstbewusstsein wächst, man bekommt mehr Selbstvertrauen. Für Kampfsport, würde ich sagen, einfach alles ausprobieren und sehen was einem mehr liegt. Jiu Jitsu ist vielseitig. Man kann werfen, zu Boden bringen, am Boden weiter kämpfen, da ist alles drinnen, deswegen gefällt mir persönlich dieser Sport.

Wer war dein Vorbild im Jiu Jitsu?
-Daniel Hofmann, aus Österreich. An ihn habe ich mich meistens orientiert. Er ist Europameister im Duo mix gemeinsam mit Marion Tremel.
Abschließend hast du die Gelegenheit, dich bei jemanden zu bedanken, oder das zu sagen, was dir auf dem Herzen liegt.
-Ich möchte mich bei meinen Trainern, Robert und Anja Horak für ihrer Unterstützung bedanken, die mich von klein auf unter ihre Fittiche genommen haben und mich zu dem gemacht haben was ich heute bin. Dann natürlich auch Sebastian, mein Trainingspartner, aber auch bei meinem vorigen Partner. Rückblickend gesehen, finde ich es schön, wie sich alles entwickelt hat. Es war eine schöne Zeit, wenn nicht, auch immer leicht!
[Anmerk.: Nach der WM in Bogota, verkündeten die Athleten das Ende ihrer sportlichen Karriere. Als erste Österreicher haben sie zudem bei den World Games 2017 in der Klasse Duo men Gold geholt. Sebastian Vosta konnte aus zeitlichen Gründen leider nicht bei dem Interview dabei sein. Wir bedanken uns für ihre starken Leistungen und hoffen, dass sich ihre Stärke und Motivation auf das restliche Team abgefärbt haben und wünschen ihnen alles Gute für ihre Zukunft!]