Am Samstag steigt in den USA der vermeintliche “Kampf des Jahrhunderts” zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao. Noch nie wurde so viel Geld für einen Boxkampf bewegt. Noch nie wurde so deutlich, wie überdreht der Spitzensport ist.
Der Mundschutz erzählt eigentlich die ganze Geschichte. Floyd Mayweather hat sich für den kommenden Samstag einen speziellen Mundschutz anfertigen lassen, Diamantenstaub wurde dafür verwendet, zudem wurden mehrere 100-Dollar-Noten eingearbeitet. Das Teil, normalerweise ein Allerweltsartikel im Boxsport, hat 25.000 Dollar gekostet.
Der Fight ist mehr als ein Boxkampf. Er ist der bisher krasseste Beleg dafür, welche Formen des Irrsinns der Spitzensport mittlerweile angenommen hat. Es wird das größte Fest der Dekadenz, das die Sportwelt je gesehen hat.
Seit Monaten wird dieses Duell im Jahr 15 dieses Jahrhunderts zwischen einem 38-Jährigen und einem 36-Jährigen penetrant und weltweit als “Fight of the Century” beworben. Zu sehen sein wird der Kampf nur für diejenigen, die für die Übertragung bereit sind zu bezahlen. In den USA, wo sich die Bezahl-TV-Giganten HBO und Showtime zusammengetan haben, sollen die Fernsehkunden je 100 Dollar dafür bezahlen, dass sie zugucken dürfen. Die Macher rechnen allein in den Vereinigten Staaten mit mindestens drei Millionen abgeschlossenen Abonnements.
In Deutschland bietet Sky den Kampf für 30 Euro an. Wer Fußballübertragungen des Senders in den vergangenen Wochen gesehen hat, weiß das bis zum Überdruss. Ohne mindestens drei Werbeeinblendungen für den Kampf pro Spiel tat es der Sender nicht.
Insgesamt beläuft sich die Börse auf etwa 400 Millionen Dollar
Ein Ticket, um als einer von 16.800 Zuschauern in der Halle live dabei sein zu können, kostet mindestens 1500 Dollar, wer näher am Ring sitzen will, muss bis zu 45.000 Dollar hinblättern. 74 Millionen Dollar Einnahmen kommen offiziell allein darüber zustande. Auf dem Schwarzmarkt werden die Karten für sechsstellige Dollarbeträge gehandelt und gekauft. Das Gesamtpaket aus Sponsoring, Eintrittskarten und TV-Geld bewegt sich in einer Höhe von 400 Millionen Dollar.
Am Freitag treffen sich die Kontrahenten zum öffentlichen Wiegen. Wer dabei zusehen will, muss zehn Dollar Eintritt zahlen, das gab es auch noch nie. Man darf dann dabei sein, wenn zwei Männer auf eine Waage steigen.
Und weiter geht’s mit dem Dollar-Wahn: Mayweather hat sich 60 Prozent der Börse zusichern lassen, 120 Millionen Dollar hat er jetzt schon sicher. Wenn die Kalkulationen der Macher aufgehen, kann es auch locker das Doppelte werden, Pacquiao ist mit 40 Prozent dabei, auch er wird am Ende mit einer dreistelligen Millionensumme nach Hause gehen. Als Muhammad Ali und George Foreman 1974 ihren berühmten “Rumble in the Jungle” auskämpften, ging es insgesamt um fünf Millionen Dollar, die Zaires Diktator Mobutu Sese Seko damals vorstreckte.
Man könnte jetzt noch von dem Champions Belt erzählen, dem Gürtel für den Sieger am Samstag, der bestickt ist mit 3000 Smaragden und einem Kilo reinem Gold, Kostenpunkt: eine Million Dollar. Davon, dass es zum ersten Mal zwei Ringsprecher geben wird, weil die beiden TV-Stationen jeweils einen ihrer Matadoren ins Rennen schicken und keiner dem anderen den Vortritt gönnt. Davon, dass in Mayweathers Gefolge jemand ist, er heißt Nate Jones, dessen einziger Job angeblich darin besteht, einen Oberkörperschutz zu tragen und sich regelmäßig von dem Superstar in den Magen boxen zu lassen. Dafür bekommt der Mann sein Geld. Und es wird nicht wenig sein.
Quelle: http://www.spiegel.de/sport
Fotos: Peter Ahrens