Dzhambulat Temirov ist 23-Jahre alt und trainiert seit zwei Jahren in der Luta Livre Akademie Wien. Momentan befindet er sich auf Platz 11 von 156 aktiven europäischen Western Amateur Mittelgewichtler und national gesehen ist er ein hoch ambitioniertes heimisches Talent. Trainiert wird er hauptsächlich von Georg Schober, der mittlerweile auf eine 40-jährige Kampfsporterfahrung zurückblicken kann, und wenn, Dzhambulat nicht gerade arbeitet, befindet er sich mit seinen Kameraden am Üben auf den Matten. Auf dem Unterrichtsplan steht der Bodenkampf nach dem Stil von Andyconda Luta Livre. Die Fortschritte und Leistungen des Amateurkämpfers in zahlreichen Turnieren und Wettkämpfen sind mittlerweile für jedermann unübersehbar – wir trafen ihm bei seinem Training.
Kampfsport1.at: Hallo Dzhambulat, vielen Dank, dass du dir etwas Zeit genommen hast. Erzähl’ uns doch etwas über deinen Anfang als Amateurkämpfer und wie du deinen ersten Kampf erlebt hast.
-Ich habe vor zwei Jahren begonnen Luta Livre zu trainieren, meinen ersten Amateurkampf habe ich bereits nach nicht einmal sechs Monaten in Prag, Tschechien gehabt. Das war zwar nicht geplant, dennoch habe ich es gewagt. Ich habe eine Woche vor dem Kampf, davon erfahren. Leider habe ich diesen Fight mit Punkten gegen einen erfahrenen Polen verloren. Kurz bevor man in den Ring steigt, beginnt man zu realisieren, dass es jetzt los geht, davor ist man ruhiger und dann wird man immer nervöser. Ich sah, dass mein Gegner länger trainierte und schon über 12 Kämpfe hatte und so entwickelte ich mich weiter. Das hat mich motiviert fortzusetzen. Bei der Vendetta Fight Night habe ich dann den nächsten Kampf gewonnen und so bin ich zu diesem Sport gekommen.
Seitdem an hast du dich entschieden, den Weg eines Kämpfers zu gehen?
-Das war eigentlich schon immer. Ich habe mir stets die Tscheschenischen Kämpfer wie Mairbek Taismuov oder Arbi Agujev angesehen. Ich glaube für jeden jungen Kämpfer sind sie die Motivation, einmal dort zu sein wo sie sind. Man versucht eben so wie sie zu sein – kämpferisch.
Jene Kämpfer, die du angesprochen hast, kämpfen erfolgreich unter anderem bei der ACB. Ich nehme an, das ist auch ein Ziel von dir, oder?
-[lacht] Ja, natürlich, das ist von jedem Kämpfer einmal der Traum, glaube ich.
Ja eh stimmt, aber dieses Vorhaben ist durchaus ein realistisches Ziel in naher Zukunft, was denkst du?
-Ich will jetzt nicht groß reden, aber wenn man immer fleißig trainiert und dahinter ist, sollte sich das ausgehen. Schauen wir mal 🙂
Du sagst, dass du immer trainierst, wie sieht ein durchschnittlicher Trainingsalltag bei dir aus?
-Ich trainiere zweimal täglich, manchmal auch dreimal. Ich bin jeden Tag in der Luta Livre Akademie Wien. In der Früh um neun, zehn Uhr gehe ich laufen, komme nachhause, esse etwas und gehe dann ins nächste Training und am Abend wieder. Wenn man mehr trainiert kommen die Erfolge, wenn man wenig tut, braucht man sich nicht wundern, wenn wenig vorangeht.
Du musst sicher auch noch arbeiten, oder?
-Ja, ich arbeite Teilzeit, aber das Training ist meine Hauptbeschäftigung. Es macht mir Spaß!
Also tust du sicher alles dafür, den Sport hauptberuflich ausüben zu können, oder?
-Ja, das ist zwar nicht leicht, aber wir haben mit unserem Trainer gesprochen und wollen 2018 Profikämpfe beschreiten. Bis Mitte 2018 bzw. Ende 2018 sollte das drinnen sein, davor will ich noch eine Menge Erfahrung im Amateurbereich erlangen, um gut genug zu werden – acht, neun Kämpfe mindestens.
Dein nächster Kampf ist im Februar in Deutschland, was weißt du über deinen Gegner?
-Ich weiß nicht viel. Ich weiß nur, dass die meisten Kämpfer, die ich aus Deutschland hatte, gute Bodenkämpfer sind. Ihr Bodenkampf ist so etwa wie das Ringen in Tscheschenien, aber wir sind hier in der Akademie auch gute Boden- und Standkämpfer.
Wo bist du spezialisiert?
-Bodenkampf, und das mach ich auch gerne. Als ich noch klein war, aber ich vier Jahre lang Judo in Krems betrieben. Das ist bei mir hängen geblieben. Ich habe das gemocht und so bin ich dann zu Luta Livre gekommen.
Und du möchtest bei diesem Sport bleiben?
-Ja, natürlich – solange mir gesundheitlich nichts passiert!
Ist dir denn schon einmal was passiert?
-[lacht] Ja, viel ist mir passiert, aber ernsthafte Verletzungen zum Glück nicht. Die Nase habe ich mir fünf Mal gebrochen, einmal fast den Arm gebrochen und noch ein paar Kleinigkeiten. Das muss man aber einstecken, wenn man weiter kommen will 🙂
Bekommst du auch die familiäre Unterstützung?
– Ja, zuhause unterstützt mich mein Vater und steht mir immer zur Seite, dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Zwei Jahre bist du hier in der Luta Livre Akademie, wie hast du davon erfahren?
-Ich kannte Georg Schober schon von einem anderen Trainingsort. Er wurde dann selbstständiger und ich folgte ihm. Seine Bodentechniken funktionieren wirklich gut und ich habe wirklich sehr viel von ihm gelernt. Er kommt vom Andyconda Luta Livre. Meine ganze Technik habe ich hauptsächlich vom ihm. Er ist mein Trainer und unterstützt mich immer. Unser Training ist meisten um 20 Uhr zu Ende, aber es gibt Tage, wo wir bis um 23 Uhr hier trainieren. Er bleibt auch immer länger bei uns und schaut uns zu. Kein einziges Mal habe ich von ihm gehört, dass er sich aufgeregt hat, dass wir länger bleiben. Das schätzen wir sehr an unserem Trainer. Es geht ihm, um unsere sportliche Weiterentwicklung und um keinen finanziellen Profit. Das ist nicht selbstverständlich. Ich kenne auch andere Leute, die nicht so eine Einstellung haben. Das rechnen wir Georg sehr hoch an. Es geht ihm um uns, als Athleten. Er freut sich auch mit uns, wenn wir uns verbessern und das schätze ich sehr an meinem Trainer.
Euer Trainer ist quasi auch euer Manager; durch sein Netzwerk verschafft er euch Kämpfe im Ausland, euer Talent hat sich sicher schon bei den Deutschen herumgesprochen, oder?
-Mittlerweile wissen sie schon, wenn wir ankommen, dann liefern wir meistens gute Kämpfe. Unser 17-jähriger Ringer Islam zum Beispiel hat einen super Kampf in Deutschland abgeliefert. Bei uns trainiert er nicht einmal ein halbes Jahr. Sein Gegner in Deutschland trainierte bereits zwei, drei Jahre, dennoch hat unser Islam den Sieg mit nachhause genommen. Er ist mehrfacher österreichischer Meister und möchte jetzt sein Glück im MMA versuchen 🙂
Du trainierst eigentlich auch “erst” zwei Jahre und trotzdem bist du schon bereit einen Schritt weiterzugehen, woher kommt dieser schnelle Entwicklungsaufstieg?
-Ich habe sehr viel hier gelernt, wahrscheinlich auch weil ich sooft da bin, so habe ich schnell gelernt. Ich habe auch noch einen Trainingspartner, der mir sehr viel im Stand-up hilft. Jetzt arbeitet er Vollzeit, aber als er noch mehr Zeit hatte, war er auch immer hier und gemeinsam haben wir uns gegenseitig unterstützt.
Und wie siehst du deine Prognose für deinen ersten Kampf dieses Jahr in Deutschland?
-Also, ich glaube ich habe gute Chancen. Wenn ich an meinen vorvorletzten Gegner zurückdenke, der war ein richtiger Thaiboxer. Das war sein erster MMA-Kampf und da weißt du schon, was du machst. Du kannst natürlich nicht gegen ihn boxen, da hat man keine Chance, also versucht man ihn auf den Boden zu bringen, obwohl er die ganze Zeit kickt. Am Boden habe ich dann besseres Spiel. Luta Livre ist wirklich das beste für mich.
Wie sieht deine Statistik aus?
– Bis jetzt habe ich sechs, sieben MMA-Kämpfe absolviert. Thaibox-Kämpfe habe ich auch bestritten, das was aber spontan. Ich sollte MMA kämpfen, aber der Gegner war nicht sehr gut. Und am selben Tag habe ich noch einmal Thaiboxen gekämpft.
Welcher war bis jetzt dein stärkster Gegner?
-Mein letzter Gegner war sehr stark. Er ist Ringer und körperlich sehr fit. Er hat viel einstecken können. Alle Gegner sind auf ihrer Weise stark, aber die Kämpfe sind meistens schnell zu Ende gegangen – nach 30, 40 Sekunden.
Das ist aber eh ur gut, oder?
-Ja, aber man kann nicht Erfahrung sammeln. Besser man kämpft drei Runden. So kann man sich viel Erfahrung holen.
Du bevorzugst also längere Kämpfe als kürzere?
-Naja, als Profikämpfer würde ich sicher kurze Fights bevorzugen, aber im Amateurkampf sind längere Kämpfe besser für die Erfahrung.
Was sagst du zu Leuten, die den Kampfsport für Auseinandersetzungen auf der Straße benutzen – also ohne wirklichen Grund und unnötigerweise Stress suchen?
-Ich empfehle diesen Leute, lieber in ein Gym zu gehen und dort zu trainieren, dabei kommt nicht so ein Blödsinn raus. Sie sollen sich im Ring auspowern, anstatt draußen.
Wenn man einen Kampf bestreitet, muss man auch mental gestärkt sein, woher bekommst du diese?
-Wir fahren mit dem ganzen Team zu unseren Kämpfen nach Deutschland. Wir lachen und habe Spaß während der Fahrt. Es wirkt eher wie ein Urlaubstrip. Wir reden nicht viel über den Kampf per se. Natürlich nehmen wir diesen sehr ernst, jeder will gewinnen. Im Kopf habe wir schon unseren Masterplan, aber dennoch lassen wir uns nicht die Freude am Fighten nehmen. Man darf sich nicht so viele Gedanken machen, was auf einem zukommen könnte. Da kann man gleich zuhause bleibe. Man muss locker und fokussiert bleiben, wie beim Training.
Wie gehst du mit Niederlagen um?
-Anfangs demotiviert dich das sehr, aber man muss aufstehen und weitermachen. Man ist nicht der einzige, der verliert. Durch solche Erfahrungen, motiviert man sich das nächste Mal bessere Leistungen abzuliefern.
Du magst ja Khabib Nurmagomedov, wie fandest du seinen letzten Kampf gegen Edson Barboza?
-Ich finde, er hat ihn wie ein kleines Kind windelweich geschlagen *hehe* Viele reden immer so groß, Khabib sagt: “Kommt her, ich zeig auch das wahre Leben.” Man hat jetzt gesehen, wie der den besten Stand-up Kämpfer bearbeitet hat. Viele meinten jetzt wird er auf die Fresse bekommen, aber man sah wie der Kampf ausgegangen ist 🙂
Vielen Dank für das nette Gespräch. Die letzten Worte gehören dir…
-Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützen und ich freue mich, wenn Kampfsportbegeisterte uns bald in unserer neuen Halle in der Aderklaaer Straße ab März besuchen kommen.
Unten seht ihr Dzhambulat bei seinem letzten Fight in Salzburg:
(Beitragsbild: wildbild)