Fliegende Fäuste in Hamburg
„Ich bin aber nicht ganz zufrieden, weil ich keinen K.-o.-Sieg gemacht habe“, sagte Wladimir Klitschko nach erfolgreicher Verteidigung seiner drei WM-Titel im Schwergewicht. Doch auch der Punktsieg gegen den Polen Mariusz Wach in der Hamburger O2-Arena vor 15.000 Zuschauern fiel am Samstag mit 120:107, 120:107 und 119:109 überdeutlich aus.
Davor musste Klitschko befürchten, sich beide Hände zu brechen. Denn immer wieder feuerte der ukrainische Boxweltmeister seine Fäuste auf den Kopf des Polen ab. Den 2,02-Meter-Riesen schüttelte es zwar kräftig durch, aber er blieb stehen. Ungeachtet der Wucht, die der aggressive Klitschko in seine Schläge packte, Wach stand. „Eigentlich unmöglich, dass er stehengeblieben ist. Das ist für mich ein Rätsel“, sagte er ungläubig.
Kein wehrloses Opfer
„Ich denke erst mal nicht mehr an den WM-Gürtel“, sagte Wach danach. Doch der 32-Jährige war keineswegs ein wehrloses Opfer. Der zuvor in 27 Kämpfen unbesiegte Pole blieb stets gefährlich, wie er in der fünften Runde bewies, als er Klitschko traf und ihn kurzzeitig straucheln ließ. „Da bin ich ausgerutscht“, entschuldigte sich der Champion, der an der linken Augenbraue wegen eines Cuts genäht werden musste.
Die polnischen Medienvertreter wollten von Wach wissen: Warum hast du denn nicht geschlagen wie sonst? „Man boxt so, wie der Gegner es zulässt“, erklärte der Besiegte resigniert. In dieser beeindruckenden Form vermag wohl kein Herausforderer, Klitschko vom Thron zu stoßen. Der 36-Jährige demonstrierte von Beginn an das, was sein zwei Wochen zuvor verstorbener Trainer Emanuel Steward immer von ihm gefordert hatte: Nicht nur auf die zerstörerische Linke verlassen, sondern aggressiver, explosiver mit der Rechten agieren.
Schnell und schlagstark
Klitschko agierte schnell, geschmeidig, technisch versiert und schlagstark. „Dr. Steelhammer“ ist der kompletteste Schwergewichtler derzeit. Kein Wunder, dass sich Wachs Trainer Juan De Leon ein Autogramm vom Weltmeister holte. Klitschko selbst ließ offen, ob sein ehemaliger Sparringspartner Johnathon Banks, der am kommenden Wochenende in Atlantic City selbst einen Kampf zu bestreiten hat, Interimstrainer bleibt.
„John hat einen hervorragenden Job gemacht“, urteilte der Champion der großen Verbände WBO, IBF und WBA. „John ist nicht Emanuel Steward. Aber ich schließe nicht aus, dass ich mit ihm weiterarbeite.“ Am Montag fliegr er mit Bruder Vitali nach Detroit, wo Steward beigesetzt wird. Danach geht es sofort zurück nach Hamburg.
In Hamburg wechseln die Klitschkos die Bühne. Am Sonntag hat das Musical „Rocky“ Weltpremiere, das von den Box-Brüdern gemeinsam mit Schauspieler Sylvester Stallone produziert wird. „Ich bin froh, dass Rocky nicht gegen Klitschko boxen musste“, fasste der eigens aus Hollywood eingeflogene Stallone seine Eindrücke von Samstagnacht zusammen. „Das war ein starker Kampf, ein großartiger Sieg.
Quelle:
Text: www.orf.at, Bild: www.rp-online.de