Frauen und Mädchen haben sich in der einstigen Männerdomäne Ringen viel Platz verschafft, inzwischen sind die Damen gleichwertig im olympischen Medaillenkampf, denn die Frauen bestreiten seit 2016 genau wie die Griechisch-Römisch-Spezialisten und die Freistilringer das olympische Turnier mit sechs Gewichtsklassen.
1987 starteten die Frauen in ihre erste Weltmeisterschaft, die im norwegischen Lorenskog ausgetragen wurde. Bereits 2004 standen die Damen mit 4 Gewichtsklassen im olympischen Programm, 2016 gaben die Herren weitere Gewichtsklassen ab und machten damit Platz für 2 zusätzliche Kategorien im weiblichen Bereich, auf olympischer Bühne.
Eine der ersten österreichischen Ringerinnen war Nikola Hartmann, (Götzis) die zwischen 1992 und 2009 mit zahlreichen internationalen Titeln und Medaillen, darunter auch 5 WM- und 5 EM-Titel, dem Frauenringkampf zu mehr Anerkennung verhalf und jetzt für den Österr. Ringsportverband als Nationaltrainerin im Nachwuchsbereich tätig ist.
Ab 2009 trat Martina Kuenz (RSC Inzing) in ihre Fußstapfen, die ihre erste internationale Medaille 2011 mit WM-Bronze bei den Kadettinnen in Szombathely (HUN) gewann. Die ungarische Kleinstadt an der Grenze zu Österreich erwieß sich als gutes Pflaster für Martina Kuenz, die an gleicher Stelle 2017 EM-Silber in der Altersklasse U-23 holte. 2017 setzte die ÖRSV-Ringerin mit einem 5. Platz bei den Weltmeisterschaften der Frauen in Paris ein dickes Achtungszeichen, ein Jahr später gelang ihr mit EM- und WM-Bronze gleich zweimal der Sprung auf’s Treppchen. Bei den Europameisterschaften 2019 in Bukarest (ROU) stand sie gar im Finale und gewann Silber. Bei der Weltmeisterschaft 2019 in Nur-Sultan (KAZ) blieb Martina Kuenz der Sprung unter die besten Sechs verwehrt, sie verpasste das Olympiaticket im ersten Anlauf und muss nur durch die Qualifikation.
Der Sprung auf den Zug nach Olympia soll nun in Budapest (HUN) gelingen, dafür stellt die 26-jährige alles andere hintenan. “Ein Trainingslehrgang jagt den Nächsten”, trainiert die Ringerin vom RSC Inzing derzeit vornehmlich in Deutschland. Direkt an der Grenze zur Schweiz geht es in Herzogenhorn heiß her, waren in den vergangenen Trainingswochen neben den deutschen Ringerinnen auch junge Damen aus dem Baltikum und Russland im südlichsten Zipfel Baden-Württembergs beim Training dabei. Alles unter scharfen Hygienevorschriften, verbunden mit Corona-Tests, sodass eine Ansteckungsgefahr kaum möglich war.
Im Österreich mangelt es an Trainingspartnerinnen im schwersten Frauenlimit bis 76 Kilo, hier dominiert Martina Kuenz das Geschehen, beim Heimtraining in Inzing stellt sich Trainer Arsen Feitl als ‘Wurfpuppe’ zur Verfügung. “Er ist noch richtig fit und fordert mich ordentlich”, so Martina Kuenz über den ehemaligen Spitzenringer.
Zuletzt wurden die Trainingsreisen in Vorbereitung auf die anstehende Olympiaqualifikation etwas eingeschränkt, ein Lehrgang in der Ukraine wurde gar abgesagt um die Ansteckungsgefahr mit Corona, aber auch das Verletzungsrisiko kurz vor dem entscheidenden Turnier in der ungarischen Hauptstadt etwas einzudämmen.
Olympia-Qualifikationsturnier (Europa) vom 18. bis 21. März in Budapest.
Der Blick von Martina Kuenz ist fest auf Budapest gerichtet, wo vom 18. bis 22. März weitere Olympiastarter ermittelt werden. Um jedoch eines der begehrten Tickets zu erhaschen, muss das Finale in jeder der sechs olympischen Frauengewichtsklassen erreicht werden.
Das es Martina Kuenz mit den stärksten Frauen der Königsklasse bis 76 Kilo aufnehmen kann, bewies die ÖRSV-Ringerin Mitte Januar, als sie in Nizza das Weltcupturnier von Frankreich gewann. Bei diesem Turniersieg ließ sie gleich mehrere Ringerinnen, die dem Geschehen an der Weltspitze derzeit ihren Stempel aufdrücken, hinter sich. “Vor allem der Sieg gegen die starke Estin Epp May war grandios und hat mir gezeigt, dass ich vorn mitringen kann”, streckte Martina Kuenz jubelnd die Siegerfaust in die Höhe, ein Sieg fürs Ego, der so wichtig für die anstehende Olympia-Qualifikation.
Bericht & Bildmaterial © ÖRSV